Immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen entdecken soziale Netzwerke als Möglichkeit, für sich zu werben, Kunden zu gewinnen oder neue Mitarbeiter zu finden. Viele andere dagegen scheuen nach wie vor den entscheidenden Schritt ins sogenannte Social-Media-Marketing, weil sie sich den vermeintlich hohen Anforderungen der digitalen Welt nicht gewachsen sehen und so lieber an althergebrachten Methoden festhalten. Dabei braucht es keine wissenschaftlich fundierte Werbestrategie oder perfekte Hochglanz-Fotos, um bei Instagram, Facebook und Co. Erfolg zu haben. Am wichtigsten ist nach wie vor der Mut, überhaupt anzufangen und sich mit dem Thema offen auseinanderzusetzen, sowie die Bereitschaft, sich den Nutzern auf ehrliche und unverstellte Weise zu präsentieren.
Digitale Seiten sprach mit Felix Schröder, besser bekannt unter seinem Instagram-Nutzernamen Gipser Felix (@gipserfelix), über seine Erfahrungen mit den sozialen Medien und seinen Weg zu einem der erfolgreichsten Instagrammer im Handwerksbereich.
Hallo Felix – Danke, dass Du Dir Zeit für uns nimmst. Stellst Du Dich unseren Lesern bitte einfach kurz in Deinen eigenen Worten vor?
Gern. Hallo, mein Name ist Felix Schröder, ich bin 22 Jahre alt, Gipser- und Stuckateur-Geselle und arbeite im elterlichen Betrieb, den es schon seit 1962 gibt. Und außerdem beschäftige ich mich seit Juni 2017 bzw. Anfang 2018 mit dem Thema Social Media.
Wie bist Du darauf gekommen, Social Media für das Unternehmen Deines Vaters zu nutzen?
Ich habe einfach gesehen, dass in vielen anderen Branchen sehr gute Ergebnisse damit erzielt werden und dass es im Handwerk in Deutschland noch wenig bis gar nichts in diesem Bereich gab. Also habe ich gedacht, ich sollte es einfach mal ausprobieren. Ich dachte, damit könnte man die Jugend vielleicht ein bisschen besser erreichen, eventuell auch Kunden. Aber dass das Ganze einmal solche Ausmaße annehmen würde, hätte ich am Anfang nicht gedacht.
Womit hast Du angefangen?
Ich habe direkt mit Instagram angefangen, im Juni 2017 mit einem Profil für unseren Betrieb und Anfang 2018 mit meinem persönlichen Account.
Was hat sich seitdem verändert? Merkst Du den Einfluss von Instagram auf Euer Geschäft?
Auf jeden Fall. Die Kunden, die wir haben, haben von Anfang ein sehr gutes Verhältnis zu uns und wir zu ihnen – Einfach dadurch, dass sie uns und unsere Arbeit schon kennen. Sie schauen uns anders an, kennen bereits einzelne Kollegen und freuen sich daher besonders darauf, wenn wir bei ihnen vorbeikommen. Die Kollegen wiederum freuen sich, wenn sie gleich erkannt werden.
Generiert Ihr seitdem auch mehr Aufträge?
Es war nie so, dass wir mehr Aufträge gebraucht hätten, aber wir können uns jetzt die Aufträge aussuchen, die am besten zu uns passen, da wir doch mehr Anfragen bekommen.
Fehler sind immer eine Chance, sich zu verbessern.
Was ist am Anfang alles schiefgelaufen? Oder hat von Anfang an alles so geklappt, wie Ihr Euch das vorgestellt habt?
Richtig was schief gegangen ist eigentlich nichts. Das ist ja das, wovor viele häufig Angst haben, vor „Hate-Wellen“ oder so, aber da kann ich die meisten beruhigen. Wenn man nur drei Follower hat, wird eine „Hate-Welle“ relativ schwer.
Aber auch sonst, klar – man macht Fehler, auch heute noch. Aber das ist immer eine Chance, sich zu verbessern. Zumindest wenn es jetzt nicht die allergröbsten Fehler sind, beispielsweise dass man Jemanden beleidigt und gröbsten Pfusch auf seiner Baustelle zeigt – Aber das sollte ja von keinem Handwerker das Ziel sein. Wenn man respektvoll mit den Menschen umgeht, hat man auch auf Social Media wenig Probleme.
- Ohne Strategie posten
- Sich verstellen – Besser: Authentisch bleiben und zeigen, was man kann, statt Versprechungen zu machen, die nicht eingehalten werden können.
- Keine eigenen Inhalte verbreiten
- Zu viel Eigenwerbung betreiben
- Die gleichen Inhalte auf allen Plattformen
- Urheberrechte missachten
- Falsche Bild– und Videoformate – Auf das Design der Plattformen achten!
- Nur agieren, statt zu interagieren
- Negative Kommentare ignorieren – Besser: Sachlich antworten, sich bei berechtigter Kritik entschuldigen und einen Ausgleich oder Nachbesserung anbieten. Bei unberechtigter Kritik sachlich Stellung beziehen, weitere Provokationen ignorieren.
- Zu viel posten – Mehr ist nicht unbedingt besser! Entscheidend ist die Qualität, weniger als die Quantität.
Für wen eignet sich Instagram-Marketing Deiner Meinung nach besonders?
Ich glaube, dass grundsätzlich jede Branche, jedes Handwerk, jede Zunft etwas auf Instagram machen kann, wobei Gipser wahrscheinlich sogar eines der schwierigeren Themen ist. Jeder Beruf hat etwas zu zeigen, und wenn man ein wenig kreativ ist, kann Jeder guten Content schaffen und potenziellen Kunden oder Lehrlingen etwas präsentieren.
Die Größe des Betriebs ist egal, wir sind auch kein großer Betrieb. Es kommt eher auf die Ziele an – Ob man neue Kunden erreichen, Lehrlinge und Mitarbeiter gewinnen oder einfach sein Image verbessern möchte, Jeder kann Instagram über verschiedene Wege nutzen. Es gibt im Moment einfach kein anderes Medium, was mehr Aufmerksamkeit erregt, als Social Media. Gerade weil die sozialen Medien immer und überall über das Handy aufrufbar sind, kann jeder Betrieb – egal wie groß – seinen Nutzen daraus ziehen.
Es gibt im Moment einfach kein anderes Medium, was mehr Aufmerksamkeit erregt, als Social Media.
Nutzt Ihr Instagram auch für die Gewinnung von Mitarbeitern und Azubis?
Wir haben es noch nicht aktiv ausprobiert, da wir noch keinen Bedarf hatten. Aber wir bekommen trotzdem Anfragen von Handwerkern oder auch von anderen Firmen, die fragen, ob wir ihnen Jemanden vermitteln können.
Also wenn wir aktiv suchen würden, würden wir auf jeden Fall Leute erreichen und diesen Kanal nutzen können. Hier kommt es natürlich auch auf die Größe des Profils an, wir sind von unserer Reichweite her schon sehr groß. Aber es könnte auf jeden Fall ein guter Weg sein.
Was würdest Du Leuten raten, die im Moment noch kein Instagram für ihr Unternehmen nutzen?
Einfach anfangen! Manche meinen, sie verstünden nichts davon, einen Instagram-Account zu erstellen. Aber ehrlich, ich bin technisch auch nicht hochbegabt, aber das braucht man dafür ja auch nicht zu sein. Es ist eigentlich ganz einfach. Man sollte sich bei anderen umschauen und herausfinden, was die so machen, die schon in gewisser Weise Erfolg haben. Und man muss einfach immer wieder etwas ausprobieren und vor allem mit Freude dabei sein, dann wird man auch seine Erfolge haben.
Wie sollten die Betriebe anfangen? Vielleicht auch: mit welchem Social-Media-Kanal sollten sie anfangen?
Momentan würde ich sagen: mit Instagram, weil im Moment eine ganze Facebook-Generation zu Instagram rüberschwappt. Natürlich kann man Facebook parallel nutzen, Inhalte lassen sich hier ja gleichzeitig auf beiden Kanälen veröffentlichen. Es hilft, wenn man bei Facebook vertreten ist, aber Instagram hat im Moment am meisten Relevanz, würde ich sagen.
Ein kleiner Geheimtipp ist TikTok. Hier gibt es einige Insider, die sagen, das könnte vielleicht einmal so groß werden wie Instagram. Und dann wäre es von Vorteil, wenn man schon vor allen anderen da ist. Instagram war am Anfang auch eher nur ein Forum für Fotokünstler. Besser man ist drei oder vier Jahre zu früh dran und hat sich dann bereits die „Pole Position“ gesichert hat. Denn wenn alle rüberkommen, wird der Markt schwieriger und es ist schwerer, sich eine gute Position zu erarbeiten. Klar, es gibt keine Garantie dafür, dass TikTok wie Instagram wird; Aber wer immer nur Nein sagt und glaubt, das wird sowieso nichts, wird auch auf anderen Plattformen nichts erreichen.
Momentan ist TikTok eher was für Jüngere, vielleicht potenzielle Auszubildende. Aber jeder weiß, die heute 20-Jährigen sind die potenziellen Kunden der Zukunft. Wenn die über Social Media dann schon mit dem Unternehmen vertraut sind, ist das nur von Vorteil.
Es ist genauso, wie wenn man ein Handwerk erlernt: Man muss einfach dranbleiben, jeden Tag etwas machen, immer etwas mehr als die anderen.
Ihr plant Eure Social-Media-Aktivitäten also auch langfristig?
Wir haben festgestellt, dass man beides mit Social Media erreichen kann, sowohl kurzfristige (Aufträge, Kooperationen mit anderen Firmen) als auch langfristige Erfolge (Kundenbindung, Mitarbeiterbindung, das Unternehmensprofil stärken). Klar, viele wollen den kurzfristigen Erfolg und wollen wissen, wo sie sich massenhaft Follower kaufen können. Aber davon rate ich ab. Es ist genauso, wie wenn man ein Handwerk erlernt: Man muss einfach dranbleiben, jeden Tag etwas machen, immer etwas mehr als die anderen. Viele verstehen das nicht, aber darin liegt der Vorteil, wenn man ehrlich arbeitet, denn dann kommt auch der langfristige Erfolg.
Wie viel Zeit investierst Du in deine Accounts und wie schaffst Du es, das in Deinen Arbeitsalltag zu integrieren?
Bei meiner reinen Arbeitszeit, die ich auf der Baustelle verbringe, verwende ich täglich vielleicht 10 Minuten zum Foto(s) machen, dann vielleicht nochmal 20 Minuten am Tag Zuhause zur Bearbeitung und zum Posten. Ich finde, das ist ein geringer Zeitaufwand, wenn man bedenkt, dass ich zwei sehr große Accounts betreue. Natürlich ist das Ansichtssache und viele meinen vielleicht, 20 Minuten am Tag ist zu viel – Hier fehlt dann aber vielleicht einfach nur die Motivation.
Raucherpausen auf der Baustelle beispielsweise sind da schon eher „tote Zeit“, in der nichts passiert, wogegen die 10 Minuten fürs Fotografieren sinnvoll genutzte Zeit ist.
Bist Du allein für die Betreuung Eurer Profile zuständig oder teilst Du Dir die Arbeit mit Kollegen?
Ich mach das allein. Unsere Mitarbeiter sind manchmal die Models, aber sonst liegt das ausschließlich in meiner Hand. Zu begeistern wären sie sicher und es hat auch Vorteile, wenn man sich die Arbeit und die Verantwortung teilen kann.
Nicht zu schnell zu viel verlangen!
Was sind deiner Meinung nach, die größten Dos und Don‘ts wenn es um Social Media geht?
Was man auf jeden Fall nicht tun sollte: Zu schnell zu viel verlangen. Nach einer Woche wird man noch nicht zig Anfragen von Kooperationspartnern oder Lehrlingen bekommen, das Ganze braucht Zeit. Wichtig ist, nicht zu schnell aufzugeben, immer freundlich zu sein und nicht zu geizig zu sein mit den kostenlosen Informationen. Letzteres stößt bei vielen Handwerkern natürlich auf Unverständnis, aber gerade durch das Teilen von Wissen positioniert man sich als Fachkraft und wird von potenziellen Kunden eher als Experte akzeptiert.