Viele Unternehmer sind angesichts der wachsenden Forderungen seitens junger, aber auch älterer Arbeitnehmer nach mehr Flexibilität im Job genervt, verärgert oder verängstigt. Doch nie war die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Arbeitnehmer bedeutender – umso wichtiger ist es für Unternehmer, diesen Anforderungen im Rahmen des Möglichen zu entsprechen. Gerade in Zeiten des viel zitierten Fachkräftemangels punkten vor allem jene Handwerksbetriebe, die ihren Mitarbeitern mehr bieten können als die Konkurrenz – und dabei geht es Arbeitnehmern nicht immer nur um mehr Gehalt, sondern immer häufiger um mehr Zeit und den notwendigen Rückhalt.
Die Familienfreundlichkeit eines Unternehmens beginnt bei der grundsätzlichen Einstellung aller Beschäftigten zum Thema Familie. Dazu gehören schon, dass Chef und Kollegen nicht mit einem resignierten Augenrollen auf die Bitte eines Mitarbeiters reagieren, am Folgetag etwas später anfangen zu dürfen, um in Ruhe das Kind in die Kita bringen zu können; oder damit er auf Ablösung durch die Krankenschwester für seine pflegebedürftige Mutter warten kann. In solchen Momenten zeigt sich bereits, ob die Belegschaft und das Unternehmen im Ganzen Verständnis und den Willen haben, sich wirklich familienfreundlich zu zeigen.
Ein weiteres wichtiges Thema: Gegenseitiges Vertrauen. Familienfreundliche Regelungen, die etwa auf flexiblen Arbeitszeiten und Heimarbeit beruhen, verlangen natürlich nach einem gewissen Maß an Vertrauen insbesondere seitens des Betriebsinhabers. Sie müssen sich aber auch bei herkömmlichen Modellen darauf verlassen können, dass Ihre Mitarbeiter die auswärts geleistete Arbeitszeit korrekt verzeichnen und hier und da genommene zusätzliche Pausen durch Mehreinsatz an anderer Stelle ausgleichen. Sind diese beiden Voraussetzungen gegeben, gibt es eine Reihe von kleineren und umfangreichen Maßnahmen, die Sie entsprechend Ihren eigenen Möglichkeiten in Ihrem Betrieb umsetzen können.
Sie müssen nicht gleich das halbe Unternehmen umbauen und viel Geld in die Hand nehmen, um Ihren Betrieb familienfreundlicher zu gestalten. Analysieren Sie den IST-Stand
- Ermöglichen Sie die flexible Nutzung von Firmen-Ressourcen: Warum nicht dem Mitarbeiter erlauben, dass er mit dem Firmenwagen nach Hause fahren und morgens damit die Kinder zur Kita bringen kann, wenn er auf diese Weise früher auf der Baustelle erscheinen kann?!
- Das Kind eines Mitarbeiters ist krank, der heute für eine wichtige Projektplanung eingeplant war? Richten Sie für solche Fälle im Pausenraum eine kleine Spielecke ein und ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitern, Kinder kurzzeitig dort unterzubringen, während sie dringend notwendige Arbeiten erledigen. Das hilft auch Kollegen, in Notfällen kurze Zeiten bis zum Wechsel der Betreuung zu überbrücken. Die Fortsetzung einer solchen Spielecke ist ein Eltern-Kind-Büro, in dem Mitarbeiter arbeiten und gleichzeitig ihr Kind betreuen können.
- Organisieren Sie regelmäßig ein Elterntreff. Bringen Sie Mitarbeiter mit Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen zusammen und ermutigen Sie sie zum gegenseitigen Austausch – Vielleicht organisieren diese sich schon bald selbst und unterstützen sich, auch zum Wohl des Betriebs. Ein weiterer Vorteil: Sie stärken den Teamgeist und das Wir-Gefühl im Unternehmen.
- Das funktioniert auch über jährliche Firmenfeste, zu denen auch Angehörige der Belegschaft eingeladen werden. So zeigen Sie Ihr Interesse an Ihren Mitarbeitern als Personen und schaffen eine Verbundenheit im Team.
- Halten Sie während der Eltern- oder Pflegezeit Ihrer Mitarbeiter stets den Kontakt und unterstützen Sie sie beim Wiedereinstieg in den Beruf
Work-Life-Balance: Flexible Arbeitszeitmodelle für mehr Freizeit
Beim Thema Teilzeit geraten viele Arbeitgeber ins Schwitzen, dabei sind moderne Arbeitszeitmodelle vielseitig und mit Nutzen für beide Seiten anwendbar. Hier einige Beispiele:
- Gleitzeit: Verknüpfen Sie die Möglichkeit von Gleitzeit mit festen Kernarbeitszeiten. Die geleisteten Arbeitsstunden werden in einem Arbeitszeitkonto festgehalten. So können Ihre Mitarbeiter nach Bedarf später zur Arbeit erscheinen oder früher Feierabend machen, ohne dass das die Kernarbeitszeiten des Betriebs stört.
- Heimarbeit: Büroangestellte können die Korrespondenz mit Kunden oder Geschäftspartnern per Telefon oder E-Mail flexibel im Betrieb oder von zu Hause aus führen. Auch Mitarbeitern, die gerade an einer Projektplanung beteiligt sind, können Sie die Möglichkeit einräumen, Entwürfe und Kalkulationen zu Hause zu erledigen.
- Jobsharing: Dabei handelt es sich um ein Modell, bei dem Sie zwei Teilzeitkräfte statt einer Vollzeitkraft beschäftigen. Auf diese Weise erweitern Sie die potenzielle Bewerberschaft und können offene Stellen vielleicht schneller besetzen.
- Einführung einer 4-Tage-Woche: Manche KMU bieten diese Möglichkeit bereits für ihre Mitarbeiter an, andere Betriebe arbeiten als Ganzes nur 4 Tage in der Woche. Dabei kann die Tagesarbeitszeit erhöht werden, um das Wochenkontingent zu halten – und dennoch sind Mitarbeiter zufriedener, weil sie garantiert einen freien Tag mehr in der Woche haben.
- Altersteilzeitvereinbarung: Die Altersteilzeit ist ein Instrument zur schrittweisen Reduzierung der Arbeitszeit, die den Übergang in den Ruhestand fließender gestalten und es ermöglichen soll, die frei werdende Stelle sukzessive wieder zu besetzen.
- Sofern mit dem Auftragsstatus vereinbar sträuben Sie sich nicht gegen kurzfristige Sonderurlaube oder die Freistellung von Mitarbeitern mit familiären Notfällen.
Es muss nicht immer die komplette Neuplanung Ihrer Personalstruktur sein; schon kleine Veränderungen, die Ihren Mitarbeitern ein Stückchen mehr Flexibilität zugestehen, können die Zufriedenheit in Ihrem Unternehmen merkbar erhöhen. Eine Übersicht über diese und weitere flexible Arbeitszeitmodelle mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen hat die Deutsche Handwerks Zeitung hier zusammengestellt.
Familienfreundlichkeit durch Unterstützung bei Kinderbetreuung
Für berufstätige Eltern ist insbesondere die Kinderbetreuung eine Herausforderung. Auch hier können Sie als Arbeitgeber mithelfen. Ein eigener Betriebskindergarten ist dabei natürlich nicht für jeden Betrieb umsetzbar, doch können Sie sich auch mit anderen Unternehmen in Ihrer Region zur Bildung eines gemeinsamen Betriebskindergartens zusammenschließen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Kooperation mit örtlichen Kitas. Ob staatlicher, kirchlicher oder privater Träger – Sie sind nicht nur daran interessiert, ihre Plätze zu vergeben, sondern auch daran, den Kindern ein möglichst umfassendes Betreuungsangebot zu bieten. Warum also sollten Sie als Betriebsinhaber nicht mit einer Kita eine Rahmenvereinbarung schließen, wonach die Kita Belegplätze für Ihre Mitarbeiter bereitstellt und Sie im Gegenzug einmal monatlich den Werkunterricht in der Kita leiten? Der große Bonus dabei: Sie arbeiten aktiv daran mit, das Interesse am Handwerk in der nächsten Generation zu wecken, und können so bereits frühzeitig Nachwuchsarbeit für Ihren Betrieb leisten.
Familienfreundlichkeit durch finanzielle Förderung
Natürlich ist auch die finanzielle Unterstützung Ihrer Mitarbeiter ein möglicher Baustein für die Familienfreundlichkeit im Betrieb. Je nachdem, was das Unternehmen leisten kann, reichen die Maßnahmen hier von der Kostenübernahme für Gesundheitskurse bis zur Beteiligung an den Kosten für Tagesmütter oder Pflegekräfte. Warum nicht die Rückbildungsgymnastik oder Mutter-Kind-Schwimmkurse übernehmen, wenn Sie damit doch auch helfen, Ihre Mitarbeiterin für die Rückkehr in den Betrieb fit zu machen?!
Eine weitere Möglichkeit ist die Einrichtung eines Betriebsfonds für familiäre Notfälle, aus dem Sie allen Mitarbeiter wenn nötig ein zinsloses oder niedrig verzinstes Darlehen gewähren können, um etwa eine kurzfristige Pflegekraft oder notwendige Behandlungskosten zu bezahlen. So nehmen Sie Ihren Mitarbeitern die Angst vor finanziellen Engpässen und binden sie enger an das Unternehmen.